Karel Kramář
Karel Kramář war eine imposante Gestalt der Politik. Er war ein großer Kritiker Österreich-Ungarns und später, nach Gründung der Tschechoslowakei, auch T.G. Masaryks.
Er war ein Mann von physisch attraktiver Erscheinung, dabei hoch gebildet und galant, so dass er zu einem Löwen der Petersburger und Warschauer Salons wurde. Auch seine Frau lernte er in Russland kennen. Für diese baute er leidenschaftlich gern Villen (im ganzen drei, unter anderem die exotische Villa Barbo auf der Krim). Im Januar 1919 überlebte er ein Attentat und war damit der erste tschechoslowakische Politiker, auf den ein Attentat verübt wurde.
Kramář war studierter Jurist. Im Jahr 1889 beteiligte er sich zusammen mit T. G. Masaryk an der Gründung der Tschechischen Volkspartei (ČSL). Noch im Jahr 1891 wurde er in den Reichsrat gewählt. Er war ein Anhänger der Idee eines föderalisierten Österreich-Ungarns und der engen Zusammenarbeit zwischen den slawischen
Völkern. Er organisierte verschiedene panslawische Konferenzen und war ein Vertreter der Idee des Neoslawismus.
Nach Ausbruch des I. Weltkrieges überdachte Kramář seinen Standpunkt und begann, den tschechischen Widerstand zu organisieren. Aufgrund dieser Tätigkeit wurde er verhaftet und zum Tode verurteilt und nur dank einer Amnestie von Kaiser Karl I. nicht hingerichtet. Nach der Unabhängigkeitserklärung der Tschechoslowakei wurde er zum ersten Premierminister gewählt. In seiner Amtszeit führte er die tschechoslowakische Delegation auf der Pariser Friedenskonferenz. Er vertrat die Ansicht, dass die Siegermächte gegen die Herrschaft der Bolschewisten in Russland intervenieren sollten, konnte sich jedoch mit dieser Forderung nicht gegen Beneš durchsetzen. Kramář führte oft geistige Auseinandersetzung mit Masaryk und Beneš. Er starb am Vorabend der Besatz jener Tschechoslowakei, deren Aufbau er mitgestaltet hatte.